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Aus der Geschichte der ehemals
selbständigen Gemeinde Oberflockenbach
"Oberflockenbach, Steinklingen und Wüstmichelbach, diese
drei geringen Weiler, im Anfang des Odenwäldischen Gebirges, machen miteinander nur eine
Gemeinde aus. Sie scheinen anfänglich nur geringe, dem Kloster Lorsch gehörige Hubgüter
gewesen zu sein, wenigstens wird derselben in dem mittleren Zeitalter nicht gedacht,
ausgenommen Oberflockenbach - So lesen wir es im 1786 erschienenen "Versuch einer
vollständig geographisch - historischen Beschreibung der Kurfürstlichen Pfalz am
Rheine" von Johann Goswin Widder. Auch heute, fast 200 Jahre später, wissen wir
trotz emsiger Arbeit vieler Heimatforscher nicht wesentlich mehr über die Anfänge dieser
schon sehr früh als eine Einheit aufgefaßten drei Wohnplätze, die - nach dem Willen
ihrer Bürger - am 1. Mai 1972 Stadtteil der großen Kreisstadt Weinheim wurden.
Name und Entstehung
Die Gegend um Oberflockenbach gehört zu jenen
Gebieten, die im Hochmittelalter von der Bergstraße her erschlossen worden sind, doch
läßt sich der Beginn der Rodung nicht sicher ermitteln; Versuche, den Ursprung
wenigstens eines der drei Ortsteile ins 9. bzw. gar ins 7. Jahrhundert zurückzudatieren,
scheitern mangels eindeutiger Unterlagen. Die erste sichere Nennung erfolgt im 11.
Jahrhundert. In einer Güterliste des Klosters Lorsch taucht ein "vicus
Flockenbach" auf, doch besteht die Wahrscheinlichkeit, daß es sich dabei wohl eher
um den Ortsteil Unterflockenbach der hessischen Nachbargemeinschaft Gorxheim handelt. Erst
in Urkunden des 14. Jahrhundert erscheint der Name Oberflockenbach. Die Deutung des
Ortsnamens ist umstritten, ähnlich verhält es sich mit den Namen der beiden Weiler
Steinklingen und Wünschmichelbach (ursprünglich: Wüstmichelbach) die erstmals 1312 bzw.
1381 genannt werden. Dem Bistum Worms wurde während der Regierungszeit karolingischer und
sächsischer Kaiser eine bevorzugte Förderung zuteil; es hatte Besitzungen und
Stiftungen im Lobdengau und im nördlich sich anschließenden Rheinland sowie im an die
Bergstraße angrenzenden Odenwald. Später wurde die Pfalz Erbin des Hochstiftes: Worms
geriet in ein wachsendes Abhängigkeitsverhälnis, entstammten doch die Bischöfe häufig
dem pfälzischen Adel entnommen. In dieser hochmittelalterlichen Epoche erfolgte auch die
Erschließung des Gebietes nördlich des 528 Meter hohen Eichelberges, von dessen Gipfel
aus bis hinab ins Tal mächtige Blöcke aus Biotingranit verstreut liegen. Die Rodung der
Gemarkung geschah, der kirchlichen Zugehörigkeit nach zu schließen, von Leutershausen
aus, vermutlich durch die Vorläufer der Familie Hirschberg-Strahlenberg
Oberflockenbach, Steinklingen, Wünschmichelbach Lage
Die drei Ortschaften liegen im kristallinen Teil des
südwestlichen Odenwaldes, etwa 6 - 8 km von der Bergstraße entfernt und sind von den
Ballungsgebieten um Mannheim, Heidelberg und Weinheim über das Gorxheimertal oder über
Hirschberg-Großsachsen gut zu erreichen. Die Wanderparkplätze auf dem Bildstock, an der
Zigeunereiche (Ursenbacher Höhe) und im Haundel werden recht stark frequentiert.
Wandertafeln und gut markierte Wanderwege erschließen die Region um den Eichelberg (528
m) und den Steinberg (427 m). Unzählige, teils bewalde te Kuppen, grüne Wiesengründe
und ein vielfältiger Mischwald prägen das abwechslungsreiche Bild der ehemaligen
Gemarkung Oberflockenbach. Bänke und Wanderpavillons laden zum Verweilen gut geführte
Gastwirtschaften zur Stärkung und saubere Pensionen zum längeren Aufenthalt ein. |
Größe, Einwohner
Die Gemarkungsfläche der ehemaligen Gemeinde Oberflockenbach
umfaßte 742 ha, vom Bildstock über den Steinberg, um den Eichelberg zur Hohen Straße,
dann das Daumbachtal abwärts über den Dörrberg und in einer Schleife über die
Göllhecke zum Bildstock; etwa ein Kreisrund. Während die drei Weiler 1939 noch 656
Einwohner hatten, haben sich die Orte nach dem Krieg stark ausgeweitet, so daß heute 2244
Einwohner in den Stadtteilen Oberflockenbach, Wünschmichelbach und Steinklingen der
großen Kreisstadt Weinheim leben. |
Aus der Geschichte
- ca. 3.000 v. Chr. Steinbeilfunde
- ca. 800 v. Chr. vermuteter Keltenwall (Steinberg)
- 877 n. Chr. Mögliche Nennung der drei Weiler im Lorscher Codex
- 1012 Vicus FIoki in einer Grenzbeschreibung genannt
(Zugehörigkeit zum Lobdengau, der Waldmark Ladenburg auf Wormser Gebiet)
- 1242 Bau der Kirche in Heiligkreuz als Filiale des Sprengels
Leutershausen
- 1310 - 1405 Die Ritter von Steinklingen als Besitzer der Dörfer
- 12. - 13. Jhd. Bau der Burg am Ortsausgang von Oberflockenbach
- ab 15. Jhd. Die Orte werden pfälzisch und zählen zur Kellerei
Weinheim, verwaltungsmäßig zur Zent Schriesheim
- 1599 Renovation der Hubeinteilung, Fixierung der Abgaben und
Aufgaben und Rechte des Schultheißen mit seinen Geschworenen,
- 17. Jhd. Häufiger Bekenntniswechel mit den Herrschern der
Kurpfalz, Beginn der Errichtung von Schulen in der Gemeinde
- 1803 Napoleon löst die Kurpfalz auf, Oberflockenbach wird badisch
- ca. 1840 Ablösung der Zehnten nach einer festgelegten Zahlung,
Verkauf und Aufteilung alter Hubgüter
- 19. Jhd. Klein- und Feierabendbauereien entstehen,
Verdienstmöglichkeiten in der Industrie in Weinheim, 1901 Bau des Rathauses
- 1911 - 12 Bau der Schule in Oberflockenbach
- 1936 Bau der evangelischen Kirche
- ab 1946 Starkes Bevölkerungswachstum durch Ansiedlung von
Flüchtlingsfamilien
- 1957 Bau der katholischen Kirche
- 1970 Grundschule in der Dell
- 1972 Eingemeindung der Orte in die Große Kreisstadt Weinheim
- 1992 Errichtung des neuen Kindergartens
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Struktur
Aus den ehemals überwiegend landwirtschaftlich geprägten
Weilern sind heute attraktive Stadtteile mit einer gemischten Struktur geworden. Wo vor
dem Krieg in fast jedem Haus zumindest ein bißchen Landwirtschaft betrieben wurde, haben
sich die landwirtschaftlichen Betriebe heute auf wenige Vollzeitbetriebe reduziert. Im
Vordergrund steht die Weidewirtschaft, etwas Feld- und Futteranbau, also Fleisch- und
Milchgewinnung. Der weitaus überwiegende Teil der Bevölkerung geht als Pendler in den
nahegelegenen Städten seiner Arbeit nach. Die Ortschaften verfügen über eine reiche
Vielfalt an lebensnotwendigen und kulturellen Einrichtungen: Im Mittelpunkt steht der
dreigruppige, 1990 errichtete Kindergarten, daneben liegt die Grundschule mit ihrer Turn-
und Gymnastikhalle. Eine katholische und eine evangelische Kirche stehen in
Oberflockenbach. Die Kirchengemeinden bieten ein vielfältiges Angebot sinnvoller
Betätigung, um nur die Chor-, Jugend-, Alten- und Bastelarbeit zu nen nen. In jedem
Stadtteil besteht ein Turnverein: Der TV Oberfockenbach mit den Abteilungen Handball
und Ski (der Sportplatz und das vereinseigene Clubhaus stehen auf der Göllhecke). Die
KSV Steinklingen bietet Faustball, Tennis, Volkstanz und Kindertumen an. Die
Sportanlagen und das neue Vereinshaus befinden sich am Ortsausgang Richtung
Wünschmichelbach. Der TV Wünschmichelbach hat seine vereinseigenen Anlagen und sein
Vereinshaus im Zentrum des Dorfes. Hier betreibt man Faustball, Kinder- und
Jedermanntumen und es existiert eine äußerst aktive Theatergruppe. Im
vereinseigenen Schützenhaus mit moderner Schießanlage betreiben die Sportschützen des
SSV ,Eichelberg' ihren Schießsport. In Oberflockenbach hat sich außerdem ein Motorsportclub
etabliert, der sich vorwiegend mit dem Kart-Fahren beschäftigt, auch ein Boule Club
bereichert hier das Sportangebot. Für die Wanderfreunde bietet sich der Odenwald-Club
an, der z.B. seine Mittwochswanderungen auch und gerade für Senioren empfiehlt. In den
letzten Jahren haben sich auch die Jagdhornbläser
etabliert. Der MGV Oberfockenbach widmet sich intensiv der Pflege des Gesangs,
während die Tierfreunde im Kleintier zuchtverein gut aufgehoben sind. Auch die
Senioren der drei Ortschaften haben sich zu einer geselligen Vereinigung zusammengefunden.
Des weiteren kann man für Notfälle auf das DRK und die Feuerwehr vertrauen. Weitere
gesellige Interessengruppen sorgen für sinnvolle Freizeitbeschäftigungen und ein
harmonisches Miteinander in den drei Dörfern. Auch für die Dinge des täglichen Bedarfs
ist in Oberflockenbach gesorgt: Lebensmittel-, Backwaren-, Blumen, und Gemüse-Geschäfte,
auch eine Metzgerei bereichert das Angebot. An Handwerksbetrieben existieren: ein Autohaus
mit Kfz-Werkstatt, ein Elektrofachgeschäft, ein Tiefbauunternehmen, ein
Bauservice-Untemehmen, ein Malergeschäft sowie drei Schreinerbetriebe etc.. Auf dem
Dienstleistungssektor bieten Banken, Sparkassen, Versicherungen und Immobiliengeschäfte
ihre Dienste an. Auch ein Arzt für Allgemeinmedizin, eine Zahnarztpraxis und eine
Apotheke sind hier vorhanden. Alle diese angesprochenen sowie die nichtgenannten Faktoren
tragen dazu bei, daß der Wohnwert und die Lebensqualität in dieser ländlich geprägten
Region hoch angesiedelt sind. |
Sehenswürdigkeiten
Bildstock: Paß zwischen
Apfelbach- und Gängelbachtal mit herrlichem Blick über die Kuppen, Täler und das Becken
von Oberflockenbach bis hin zur Hohen Straße. Eine Wandertafel weist auf Rundwege im
Stein- und Eichelberggebiet hin.
Ursenbacher Höhe mit Zigeunereiche:
Paß zwischen Apfel- und Ursenbachtal oder Stein- und Judenberg. Dreieckiger
Gemarkungsstein der ehemaligen Gemeinden Oberflockenbach, Rippenweier und Ursenbach. Als
Flurdenkmal kann man hier die 200-jährige Zigeunereiche besichtigen.
Eichelberg mit Mannheimer Hütte (528 m):
Hölzerner Aussichtsturm seit 1893, seit 1911 ein Granitturm, der 1970 aufgestockt wurde.
Von März bis November ist der Turm sonntags geöffnet und bewirtschaftet.
Wildeleutstein: Am hinteren Kopf
des Eichelbergs (528 m) steht als Flurdenkmal eine Granitfelsengruppe des sagenumwobenen Wildeleutsteins.
Die Sage erzählt, daß in der Höhle unter den Felsen ein großer Hund oder Wolf mit
glühenden Augen und fletschenden Zähnen einen Schatz bewache.
Bau des Scheuermannshofes aus dem 16.
Jahrhundert. Ältestes Bauwerk der ehemaligen Hube, wie sie in der Renovation von 1599
mitgenannt wird.
Salbingerhof: Altes odenwälder
Gehöft einerehe maligen Hube.
Suppenschüssel: Oberhalb von
Steinklingen schlugen 1892 ital. Steinmetze aus einem riesigen Granitblock die fast 15 t
schwere Schale heraus. Sie sollte vor dem Mannheimer Wasserturm aufgestellt werden, was
jedoch an Transportschwierigkeiten scheiterte. Sie wurde dem Weiler Steinklingen
überlassen und steht heute an der Dorfstraße in einer kleinen Anlage.
Die drei Sühnekreuze stammen
aus der Zeit um 1500 und wurden damals an der recht begangenen Straße als Sühne für
eine schwere Freveltat zur Mahnung an Vorübergehende errichtet. Zwei der Steine wurden
1993 neu aufgestellt, eines auch restauriert.
Der Atzelhof: Bau der Alten Hube
von Nikhel Bock von 1618, wie sie schon 1599 genannt wird. Die Alte Hube bestand bis zur
Mitte des letzten Jahrhunderts und umfaßte wohl das Steinberg-, Hammeltrog- und
Wehlinggebiet.
Die Alte Burg: Der Platz der
Burg wurde vor wenigen Jahren ausgemacht und befindet sich auf der Felsennase am Eingang
von Oberflockenbach aus Richtung Unterflockenbach. Die Burg stammt wohl aus dem 13. Jhd.,
war bewohnt (Tonscherben), ge mauert (Mörtelreste) und hatte ein Ziegeldach. Es ist nicht
wahrscheinlich, daß der 1310 genannte Ritter von Steinkiingen hier gewohnt hat, vielmehr
dürfte die Burg zum benachbarten Lorscher Gebiet hin strategische Bedeutung gehabt haben.
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